Lehrtherapie auf Krankenschein
Warum sollte Frau Meier mit ihren Krankenkassenbeiträgen meine Ausbildung mitfinanzieren, wenn sie ja schon Steuern zahlt?
Der Wunsch der musiktherapeutischen Community (in der Schweiz), die Krankenkassen mögen bitte die Kosten der Lehrtherapien übernehmen ist nachvollziehbar, aber aus heutiger (und aus österreichischer) Sicht unrealistisch. Deshalb habe ich mir auch nie Gedanken zu diesem Thema gemacht. Jedoch drängten sich mir anlässlich der Einladung zu diesem Beitrag viele alte und auch neue Aspekte einer diesbezüglichen Forderung auf.
Vorab eine Geschichte, die mich geprägt hat und wohl der Grund dafür war, nie mehr über dieses Thema nachzudenken. Als ich meine Gruppenlehrtherapie im Rahmen meiner Psychotherapieausbildung bei einem Psychiater absolvierte, der dafür bekannt war, dass er diese von der Krankenkasse bezahlen ließ – er war ja schließlich selbst Primar eines bekannten Ambulatoriums dieser Kasse – gingen viele so wie ich zu ihm. Jahre später hörte ich, dass er alle Kassenverträge verloren hatte, seine Stelle als Primar ebenso und eine fette Steuernachzahlung zu leisten hatte, die ihn finanziell für ein Jahrzehnt ruinierte. Das war Ende der 1970er-Jahre. Die Gesetzeslage hierzu war klar und hat sich auch bis heute nicht verändert:
1. Krankenkassen zahlen keine Ausbildungen
2. jede Einnahme als Lehrtherapeut:in ist steuerlich anzuführen
3. von diesen Honoraren sind 20 % MWST abzuführen (im Gegensatz zu den von der MWST befreiten Honoraren einer Krankenbehandlung).
Da kam schon einiges zusammen, man redete damals von mehr als einer Million Schilling. Das wäre eine nette Eigentumswohnung geworden! Seitdem hat in Österreich keiner mehr ernsthaft darüber nachgedacht.
Kommen wir zu unseren Musiktherapieausbildungen, um die es sich ja handeln sollte. Da ist zunächst einmal ein riesiges Strukturproblem: Normalerweise sind Ausbildungen/Studien in unseren westlichen Ländern für die Lernenden umsonst, selbst aufwendige Medizinstudien und technische Studien sind in der Regel kostenfrei. Psychotherapieausbildungen und Musiktherapieausbildungen bilden hier eine Ausnahme. Selbst wenn diese an Universitäten angeboten werden, müssen Studierende sehr viel Geld dafür bezahlen[1]. Das hat damit zu tun, dass therapeutische Ausbildungen von privaten Trägern angeboten werden, selbst wenn diese an einer Fachhochschule oder Universität „geankert“ haben. Traditionell geschieht dies in Österreich, Deutschland und der Schweiz über so genannte Ausbildungsvereine oder Trägervereine. Diese Vereine entstanden zunächst als Anbieter von Psychotherapieausbildungen, später folgten die Musiktherapieausbildungen diesem Modell. So entwickelten beide Professionen entlang der Gesetze eines freien Marktes – Angebot und Nachfrage. Die Aufnahme- und Ausbildungsstandards und die Curricula mauserten sich über die Jahre zu einer ernst zu nehmenden, semi-akademischen Lehre. Das kostet, denn nicht nur die Lehrtherapie muss bezahlt werden, sondern auch der Unterricht. Hier gibt es nur wenige Ausnahmen. In Wien ist die Musiktherapieausbildung seit 1959 für Studierende kostenfrei.
Warum? Es ist eigentlich ganz einfach. Wir entstammen nicht einem Trägerverein, sondern wir waren von Beginn an Teil einer Institution, die einem Bundesministerium untersteht. Wir sind eines von vielen Instituten an einer Universität, in diesem Fall der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien (mdw). Das bedeutet, dass die Ausbildung aus dem Topf des Ministeriums finanziert wird, welches wiederum das Geld von den getätigten Steuern aller Bürger anteilsweise erhält. Über diesen Weg verwalten wir eigenständig unser Budget und sind nicht an die Regeln eines Büros für Weiterbildung gebunden, so wie es bei einigen Konstruktionen in der Schweiz und in Deutschland geschieht. Diese Ausbildungen erwecken zwar den Eindruck, sie seien universitär und ich kenne nur solche, die tatsächlich auf sehr hohem Niveau unterrichten, sind aber, wenn es um ihre Ökonomie geht, strengen, oft marktorientierten Regeln unterworfen und müssen sich selbst finanzieren. Da kann es auch mal passieren, dass eine Ausbildung geschlossen wird (oder zumindest vom Schließen bedroht ist), weil das Weiterbildungsreferat einer Hochschule beschließt, man müsse etwas Neues und Zeitgemäßes anbieten. Und das darf das Referat, denn es handelt relativ bis sehr autonom. Die Wiener Musiktherapieausbildung hingegen untersteht einzig dem Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung (kurz BMBWF) und existiert gleichberechtigt neben allen anderen Studien an der mdw. Wir sind das Institut Nr. 14, das Institut für Musiktherapie.
Beim Erstellen unseres Studienplanes – ich durfte 1990 bis 1992 daran mitarbeiten – erreichten wir, dass die Lehr-Musiktherapie auf Kosten unseres Hauses (mdw) ging. Warum? Wir argumentierten wie folgt: Jedes künstlerische Fach in unserem Hause beinhaltet künstlerischen Einzelunterricht und das Äquivalent dazu ist für die Musiktherapie die Lehrtherapie. Immerhin: 90 Stunden Einzel- und 180 Stunden Gruppenlehrtherapie! So selbstverständlich, wie auch Pianist:innen oder Violonist:innen in unserem Haus ihren Einzel- und Gruppenunterricht konsumieren.
Sind oder wären alle Musiktherapieausbildungen dort, wo sie inzwischen hingehören, nämlich ein Teil einer Universität oder Fachhochschule, und dies nicht nur als ein geduldetes oder auch geschätztes Angebot einer Weiterbildungsstelle, dann gäbe es keine Diskussionen zu diesem Thema. Dann gäbe es nicht nur kostenfreien Unterricht inkl. Lehrtherapie, es gäbe auch Möglichkeiten zur Forschung, denn wir hätten mehr Forschungsinstitute, Lehrambulatorien sowie Kooperationsverträge mit Uni-Kliniken (die ja teilweise dem gleichen Ministerium unterstehen), Qualitätssicherung, Berufsgesetze, etc. Historisch betrachtet ist es ein Problem der Musiktherapie, dass die meisten ihrer Ausbildungen aus einem privaten, nicht-akademischen Kontext heraus entstanden sind und bis heute nicht den Weg zu einer gleichberechtigten Ko-Existenz an Hochschulen und Universitäten geschafft haben. Und angesichts der immer wieder geschwungenen Keule mit finanziellen Engpässen wird sich das auch in Zukunft nicht ändern. Die Frage ist hier, ob der Zug vorerst abgefahren ist, oder ob es sich lohnen würde, ins Zentrum derer vorzustoßen, die bislang „nur“ Gastgeber sind?!
Interessant ist, dass dies nicht zwangsläufig für Länder gilt, die gerade erst mit ihren Musiktherapieausbildungen begonnen haben. Ähnliches wie im Wien der 1950er-Jahre ist in Olomouc in Tschechien dem jungen Kollegen Prof. Dr. Jiri Kantor gelungen. Anstatt einen Trägerverein zu gründen hat er von Anbeginn an der Universität Olomouc (Psychologische Fakultät, Abteilung Heilpädagogik) eine eigenständige und unabhängige Musiktherapieausbildung installiert! Die Finanzierung ist somit von Beginn an geregelt und zumindest wird die Gruppen-Lehrtherapie finanziert. Wie war das möglich? Jiri Kantor war bereits Professor an besagter Universität und verlangte „von Innen heraus“ nach einem eigenen Studiengang Musiktherapie. Das hat funktioniert! Das bedeutet aber auch: Wir bräuchten mehr interessierte Kolleg:innen, die bereits an Universitäten /Fachhochschulen lehren, manchmal mit dem Preis, dass diese keine ausgebildeten Musiktherapeut:innen sind. Historisch betrachtet scheint der musiktherapeutischen Community der andere Weg vertrauter zu sein: Jahrelang extramural unterrichten und dann versuchen, intramural einen Platz zu bekommen. Pionierstatus kann heute also auch Vorteile haben, vor allem, wenn man sich in dieser Aufbauphase den Rat von ausländischen Kolleg:innen holt, so wie es in Olomouc der Fall war. In der Ukraine, in Lemberg (Lviv) versuchen wir soeben, ähnliche Schritte zu setzen: Direkt an einer Universität, in dem Fall der Katholischen Universität Lemberg (UCU) am Institut für Psychologie und Psychotherapie anzudocken. Wir haben dort mit dem sehr interessierten Professor Roman Kechur einen Partner gefunden, der einiges ermöglichen könnte, unsere ersten Schritte waren sehr erfolgversprechend – aber nun ist erst einmal Krieg!
Machen wir einen weiteren Blick über unsere Grenzen. Während meiner langjährigen Tätigkeit als Österreich-Delegierte im EMTC (European Music Therapy Confederation) ist mir das Problem dieser Strukturfrage noch viel eindringlicher entgegengekommen. Noch wird die Mehrzahl der Musiktherapieausbildungen in Europa (ich rede nicht von der Schweiz und auch nicht von Deutschland oder England) von privaten Trägern, oft nur von einzelnen Personen „geführt“. Hier gilt das Gesetzt von Angebot und Nachfrage und die Ausbildungen sind zu 100% gewinnorientiert ausgerichtet. So ist es selbstverständlich, dass sie von den Beiträgen der Auszubildenden leben. Diese Tradition erschwert vor allem die Grundforderung des EMTC (https://emtc-eu.com/), dass jede Musiktherapeut:in ein gewisses Maß an Eigentherapie absolviert haben muss. Denn, und das geschieht teilweise auch in unseren Ländern: Aufgrund des Wissens darum, dass die finanzielle Mehrbelastung einer Lehrtherapie von den Studierenden nicht verlangt werden kann, da ja die Unterrichtsbeiträge eh schon so hoch sind und man eventuell zahlende Studierende verlieren könnte, verzichtet man auf eine solche Forderung. Das bedeutet: Traditionell und international betrachtet ist die Eigentherapie eine Frage der Ökonomie. Das muss man wissen, um überhaupt zu verstehen, warum es nichts bringt, hier immer nur inhaltlich zu argumentieren.
Kommen wir jedoch zu den inhaltlichen Problemen. Es gibt auch inhaltliche Gründe, die Notwendigkeit einer Eigentherapie abzulehnen; in Ländern wie Großbritannien sieht man das aus einer sehr starken Schulenidentität heraus eher skeptisch, manche glauben, die zweifelsohne intensive Arbeit am Instrument beinhalte genügend Reflexionsmöglichkeiten. Auch innerhalb einiger Schulen in Deutschland und der Schweiz interpretiert man Lehrtherapie eher elastisch. Das mag im Rahmen derer Konzept gerechtfertigt zu sein, es ergibt aber leider kein homogenes Bild von Musiktherapie, was ihr sicher nicht zum Vorteil gereicht. Was soll hier die Kasse bezahlen: Die Reflexion meines Zuganges zur Musik, etc.? Wir wissen ja alle, dass die Lehrtherapie ursprünglich von den psychotherapeutischen Ausbildungen/Psychoanalyse stammt. Also impliziert sie auch eine Nähe der Musiktherapie zur Psychotherapie. Hier wäre zunächst zu klären, ob wir uns darüber alle einig sind!
Dem Gesundheitswesen und dessen Organen wie den Kassen geht es um etwas anderes und man kann nicht oft genug sagen, dass die Eigentherapie (explizit vom Gesetzgeber, z.B. in Österreich) verlangt wird, um unsere Patient:innen vor unerkannten Bedürfnissen, etwa nach emotionaler Abhängigkeit, vor narzisstischen Übergriffen, Rollenkonfusionen und etlichem mehr auf der Therapeut:innenseite zu schützen. Die musiktherapeutische Community muss generell einmal begreifen lernen, dass die Lehrtherapie nicht nur der Beweis unserer Nähe zum Referenzmodell Psychotherapie ist, sondern sie ist eine Bringschuld unseren Patient:innen gegenüber. Aber auch hierüber brauchen wir einen Konsens.
In diesem Zusammenhang ist eine weitere Frage wichtig: Sollte ein eindeutiges Bekenntnis zur Notwendigkeit von Lehrtherapie existieren, wie und wodurch unterliegt sie dann einer Qualitätssicherung? Können die Studierenden zu niedergelassenen Musiktherapeut:innen gehen, die über 28 Jahre alt sind und 5 Jahre praktiziert haben? Müssen sie im klinischen Kontext gearbeitet haben? Haben sie eine spezifische Ausbildung zum/zur Lehrtehrapeut:in? Welchen Pflichten unterliegen sie, Stichwort Verschwiegenheitspflicht der Ausbildungsinstitution gegenüber? Schließt man sich der ZHdK Zürich an und verlangt von den Lehrtherapeut:innen die von ihr angebotene Weiterbildung zum/zur Lehrtherapeut:in/? Das alles würde bedeuten, dass die Ausbildungsinstitutionen eine Liste hochqualifizierter und in ihrem Fach aus- und weitergebildeter Musiktherapeut:innen führen müssten. Schön wäre es, wenn sich hier wenigstens alle einig wären. So ist es aber nicht. Auch hier vermisst der Gesetzgeber, bzw. vermissen die Kassen ein homogenes Bild!
In meiner 20-jährigen Arbeit als Gruppen-Lehrtherapeutin weiß ich, wie gut die Musiktherapie-Ausbildung an der ZHdK in Zürich ist und ich gehe auch einmal davon aus, dass andere Ausbildungen in der Schweiz ebenso gut und verantwortungsvoll lehren. Ich weiß aber auch, wie die Studierenden unter dem enormen finanziellen Druck während der Ausbildung leiden. Dies geschieht meist ab dem 2. Studienjahr, wenn zur Lehrtherapie auch noch die Supervision hinzukommt, wenn die Arbeitszeiten verringert werden müssen, weil die Praktika zusätzlich einen erheblichen Zeitaufwand abverlangen. Das ist verdammt viel und bringt viele an die Grenze ihrer Kräfte – und auch derer Familien, sofern vorhanden, dass muss auch einmal gesagt werden. Wie sage ich immer zu Beginn der Ausbildung in Zürich? „Ihr werdet über viele Jahre kein Geld haben, ihr werdet über viele Jahre keine Zeit für euch haben und es gibt keine Garantie, dass die Beziehungen, die ihr jetzt führt, das überstehen!“ Heute lächelt niemand mehr bei dieser Ansage! Und natürlich wäre es fein, wenn zumindest die finanzielle Last geteilt werden könnte.
Und da kommen wir zu einer gesellschaftspolitischen Frage: Wer soll das alles bezahlen? Warum muss das auf dem Rücken der Studierenden diverser Ausbildungen geschehen? Ich kann aber auch anders fragen: warum soll Frau Meier, die eh schon eine hohe Abgabe an die Krankenkassen (in Österreich nennen sich diese seit kurzem Gesundheitskassen) monatlich leistet und immer mehr das Gefühl hat, dass ihre Behandlungen immer kürzer werden, warum sollen ihre Beiträge auch noch für die Lehrtherapie unserer Studierenden benutzt werden? Zumal diese ja keinen einheitlichen Kriterien unterliegen! Ich möchte das Frau Meier nicht erklären müssen! Die Forderung, die Kassen sollen unsere Lehrtherapeut:innen bezahlen, erscheint mir in diesem Zusammenhang absurd. Wenn jemand bezahlen müsste, dann wären doch die Unterrichts- oder Bildungsministerien dafür zuständig, denn wir reden doch immer noch über Ausbildungen und nicht von der Behandlung einer Krankheit! Oder?
Was ich im ersten Teil meines Beitrages versucht habe zu erklären ist: Wir sitzen immer noch auf dem Erbe einer generell viel zu wenig im universitären Rahmen integrierten Ausbildungstradition und anstatt diese zu ändern, glauben wir, dass die Kassen unsere Ansprechpartner sind. Die Frage, wer der richtige Ansprechpartner sein könnte, wäre zunächst einmal grundsätzlich zu klären. Wir (in Österreich und anderswo) haben genug damit zu tun, dass die Kassen die Therapien unserer Klient:innen übernehmen, da sind selbst wir mit dem ältesten Musiktherapiegesetz Europas ziemlich schlecht aufgestellt. Wir diskutieren mit den Kassen innerhalb eines fixen Verhandlungsrahmens – das war schon ein weiter Weg bis dahin, aber man muss keine Hellseherin sein, um zu wissen, dass bezahlte ambulante Musiktherapie für unsere Patient:innen so schnell nicht kommen wird (hier irre ich mich gerne). Ich kann mir das Gesicht der Verhandlungspartner:innen gut vorstellen, wenn wir in dieser sehr heiklen Phase das Ansuchen stellen, die Kassen mögen bitte auch die Lehrtherapien bezahlen! Realpolitisch betrachtet: Wir würden die laufenden Verhandlungen in Gefahr bringen.
Ich denke, wir müssen den Hebel wo anders ansetzen: Wir brauchen Universitäten und Fachhochschulen, die uns in ihren Regelbetrieb aufnehmen, so wie in Wien und in Olomouc. Was für den kleinen Ausbildungsverein ein bedeutender Schritt ist, wenn er unter dem Namen eines Konservatoriums (so ist es in Italien oft der Fall) seine Ausbildung anbieten darf, hat sich bezüglich der Kassenverhandlungen als Handicap herausgestellt.[2] Die Studierenden müssen immer noch alles zahlen. Gut, immerhin haben sie nun einen zertifizierten Abschluss. Das war und ist ein großer Schritt für die zukünftige Akademisierung der Musiktherapie, aber um ins Gesundheitswesen vorzudringen braucht es andere Hebel, die betätigt werden müssen. Und es braucht das, worum das EMTC seit Jahren kämpft: einheitliche Standards, auch bezüglich der inhaltlichen Ausrichtung und der Bedeutung der Lehrtherapie unseren zukünftigen Klient:innen/Patient:innen gegenüber. Können diese endlich davon ausgehen, dass alle Musiktherapeut:innen ihre eigenen blinden Flecken beleuchtet, besser: bearbeitet haben? Dazu braucht es eine einheitliche Qualitätssicherung und klar umschriebene Kompetenzkataloge; schließlich haben die Patient:innen ein Recht darauf, denn sie sollen wissen, was sie bei unserer Behandlung erwartet und was wir leisten können. Wir brauchen einheitliche Curricula, nicht im Detail, aber in den großen Linien. Ich habe mich lange dafür eingesetzt, dass jede/r Musiktherapiestudierende mindestens ein Semester Psychiatriepraktikum absolviert hat. Schließlich ist es ja nicht unerheblich, eine Persönlichkeitsstörung von einer neurotischen Störung oder von einer Traumafolgestörung unterscheiden zu können. Bitte glauben Sie nicht, dass diese Forderung national und international gerne diskutiert würde! Wir müssen miteinander arbeiten, denn solistische Alleingänge helfen kurzfristig der einen oder anderen Ausbildung, beschädigen aber die Verhandlungschancen mit den Steakholdern. Wir müssen mehr international denken und uns vernetzen, denn es gibt bereits erfolgreiche Modelle, von denen man lernen kann.
Ich finde es nicht in Ordnung, dass Musiktherapiestudierende solche finanziellen Strapazen auf sich nehmen müssen. Es macht diesen Berufsstand nicht einmal exklusiver, denn der Lohn ist am Ende in etwa der der Psycholog:innen (in Österreich), die ihre Ausbildung umsonst an der Uni konsumieren durften. Und ich begrüße jede Diskussion, wie man Studierende entlasten kann. Aber Frau Meier ist dafür sicher nicht zuständig!
Dr. Elena Fitzthum
[1] Ausnahmen sind z.B. Wien und in Leuven/Belgien, beides so genannte „grundständige“ Ausbildungen, also keine berufsbegleitende Ausbildungen, bzw. Weiterbildungen.
[2] In Italien gibt es zur Zeit aktuelle Entwicklungen, die auf eine Zusammenarbeit aller Ausbildungen mit dem Bildungsministerium gerichtet sind. Da fehlen der Autorin im Moment aber noch verbindliche Informationen.
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