Amtszeit 2002-2006

Rückblick über die Zeit als Präsidentin des SFMT 

Wenn ich mich recht erinnere, wurde ich 2001 in den Vorstand des SFMT gewählt und war in den Jahren 2002-06 dessen Präsidentin.

Aus dem Jahresbericht, den ich 2006 für die GV geschrieben habe, geht hervor, dass «mein 5. Jahr im Vorstand das intensivste» gewesen ist. Wenn ich an diese Zeit zurückdenke, bleibt mir tatsächlich als erstes in Erinnerung, dass damals der Entscheid bevorstand, auf welcher Schiene wir das Streben nach Anerkennung unseres Berufsstandes in der Schweiz weiterverfolgen. Es stand zur Debatte, ob wir uns, wie im umliegenden Europa, mit dem Master of Advanced Studies der Zürcher Fachhochschule auf Hochschulebene oder, wie es die KSKV (Konferenz der Schweizer Kunsttherapie-Verbände) vorschlug, auf der Ebene der höheren Fachschule ansiedeln. Es schien uns ganz wichtig, dass die Schweizer Musiktherapie-Gemeinschaft nicht in zwei Lager zerfiel und auf dem Arbeitsmarkt nicht die einen gegen die anderen ausgespielt werden konnten. Die Zürcher Schule BAM hatte ja zuvor endlich ein staatlich anerkanntes Diplom erkämpft, den MAS, und das damalige Amt für Bildung hatte uns empfohlen, uns auf diesem Niveau anzusiedeln, sowie es auch aus dem internationalen Kontext heraus logisch erschien. Andererseits war es sinnvoll, sich in der Schweiz mit ähnlichen Berufsgruppen zu verbinden, um gemeinsam auf dem Markt stärker vertreten zu sein, zum Beispiel gegenüber Krankenkassen.

Weitere Themen, die mir sehr präsent sind, waren der Ethikkodex, den ich zu Anfang meiner Amtszeit ausgearbeitet habe. Dafür hatte ich als erstes die Ethikkodexe anderer vergleichbarer Gruppen studiert und Kontakt mit ihnen aufgenommen. Viel zu diskutieren gab die personelle Trennung von Lehrpersonen und Lehrtherapeuten/Lehrtherapeutinnen in den Ausbildungsinstitutionen (Punkt 5.1 in unserem Ethikkodex). Was war überhaupt machbar in der kleinen Schweiz, wo die Auswahl an ausgebildeten Musiktherapeuten und Musiktherapeutinnen damals noch sehr klein war? Schliesslich habe ich mit einer Juristin einen gangbaren Weg gefunden und der Ethikkodex wurde 2002 gutgeheissen und gilt heute noch. 

Mit meinen Erfahrungen als in der Westschweiz lebende Deutschschweizerin war mir das Brücken-Bauen zwischen den verschiedenen Ausbildungen und Regionen ein wichtiges Anliegen. So wurden zwei Generalversammlungen in Zusammenarbeit mit den Ausbildungsinstituten organisiert und an deren Sitz abgehalten. Noch heute denke ich mit Ehrfurcht an St. Gallerinnen, die nach Genf an die GV gereist waren.

Auch wurden in meiner Zeit mehrere Treffen der verschiedenen Ausbildungsdirektionen abgehalten, um gemeinsame Ausbildungs-Richtlinien auszuarbeiten, die eine Aufnahme in den SFMT einfacher machen sollten.

Als besonders intensiv bleibt mir die 2003 durchgeführte zweitägige Fachtagung in Basel in Erinnerung, die wir zusammen mit Renate Nussberger, Christine Erb und Heidi Fausch organisiert hatten. Mehrere Institutionen mit Musiktherapie in Basel hatten uns ihre Räume zur Verfügung gestellt für viele Vorträge, auch durch ausländische ReferentInnen, und zahlreiche Workshops.

Natürlich war auch schon damals die bessere Anerkennung der Musiktherapie durch die Krankenkassen ein Dauerbrenner.

Nebst diesen berufspolitischen Angelegenheiten lief ständig der Grundauftrag eines Verbandes, der für seine Mitglieder da sein soll und der sich gleichzeitig immer noch im Aufbau befand. In meinem Computer sind im Dossier SFMT aus jener Zeit folgende Themen als Überschriften gespeichert und geben einen Überblick über vielen Themen, mit denen ich konfrontiert war:

Aufnahmen

Ausbildungen CH

Ausbildungsanerkennung

Ausland/EMTC

Berufspolitik

Briefpapier

Bulletin

Charta für Psychotherapie

Delegierte Musiktherapie

EMR

Ethik

Finanzen

Fachtagung Basel 2003

Forschung

Groupe de travail sur l’identité professionnelle

GV 04-06

Kommissionen

Krankenkassen

KSKV

Logo-Neugestaltung

Mitglieder

Medien

Reglemente, Statuten, Gesetze

Selbständig Erwerbende

Übersetzungen

Upgrade MAS

Vorstand

Website

Weiterbildung

 

Es war eine sehr vielseitige Arbeit, in die ich mich laufend neu einarbeitete. Als langjährige Gemeinderätin in der Legislative hatte ich eine Ahnung von politischen Arbeiten und Abläufen, dennoch habe ich rückblickend den Eindruck, dass wir in dieser Zeit alles neu aufbauen mussten. Sicher hat dies auch mit der technischen Entwicklung zu tun: Wenn am Anfang meiner Amtszeit noch reichlich Briefe hin und her geschickt und lange Telefonate geführt werden mussten, wurden das aufkommende Internet und E-Mail zuerst als Erleichterung wahrgenommen. Aber die Arbeitszeit verringerte sich nicht, denn damit kamen auch neue Anforderungen auf uns zu, wie zum Beispiel der Internet-Auftritt oder die mit den erleichterten Kommunikationsmitteln wachsende Anzahl der Anfragen.

Ich staune heute, wie ich das alles unter einen Hut brachte. Nebst dem SFMT und meiner Anstellung als Musiktherapeutin lief ja meine Familie mit vier kleinen Kindern, mit Pferden, Hühnern und grossem Garten. In diese Zeit fällt auch unser Umzug vom Land ins neu erbaute Haus in der Stadt, meine Weiterbildung in klassischem Gesang in Paris und die vielen Konzerte, die ich gab, sowie der Aufbau meiner eigenen Praxis in Biel.

Bald am Ende meiner Berufszeit angelangt, bin ich sehr dankbar, dass mir vor bald 40 Jahren ein Berufsberater vorgeschlagen hatte, Musiktherapeutin zu werden und ich mich aktiv für die Etablierung dieser Therapie-Methode einsetzen konnte. Es ist ein wunderbarer Beruf und die Tatsache, dass uns nicht schon alles in den Schoss gelegt wird, macht uns erfahren und stark – genau das, was wir als gute Therapeuten und Therapeutinnen brauchen.

Ich finde es wichtig, dass junge Personen sich engagieren, auch wenn, wie in meinem Fall, Familie, Karriereaufbau und das Amt in den gleichen Zeitraum fallen. Mit unserer kompetenten und langjährigen Sekretärin scheint mir, jedenfalls aus meiner Aussensicht, der Verband heute mit mehr Ruhe und Stabilität aufgestellt als zu meiner Zeit. Sicher braucht die Arbeit im Vorstand, und speziell die Präsidentschaft, immer noch viel Zeiteinsatz, Wissen, Gspüri. Unser Beruf ist immer noch im Aufbau und Berufstätige am Anfang ihrer Karriere sollen sich mit ihren zeitgenössischen Mitteln, ihrem Enthusiasmus und ihrer Energie einsetzen können, damit diese wunderbare Therapieform weiter be- und anerkannt wird und mit der wachsenden Zahl von Therapeutinnen und Therapeuten immer mehr Stellen geschaffen werden.  

Ich wünsche dem Verein viele und junge Mitglieder, die sich aktiv an dieser kollektiven Arbeit beteiligen, ich kann es jedem und jeder nur empfehlen!

 

September 2021

Corinne Jacob

 

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