Die Schweizerische Gesellschaft für Musik-Medizin wird zu SwissMedMusica

1998 gründete die Posaunistin Pia Bucher die Schweizerische Gesellschaft für Musik-Medizin (SMM). Als Betroffene des berüchtigten «Musikerkrampfes», der sogenannten Fokalen Dystonie, musste sie damals die Erfahrung machen, dass in der Schweiz keine Anlaufstelle und keine Netzwerke der Musikermedizin existierten. Mit einem kleinen Team baute sie, unterstützt von deutschen Spezialisten, die SMM als basisnahe Fachgesellschaft und Patientenorganisation auf. Sie organisierte als Fachveranstaltungen und Netzwerkanlässe erste jährliche Symposien zu Themen der Musikermedizin und baute eine unabhängige und unentgeltliche Beratungsstelle für Betroffene auf. Diese Beratungsstelle wird heute von der erfahrenen Berner Musik-Physiotherapeutin Marjan Steenbeek geführt.

In den Gründerjahren der SMM war der Begriff Musik-Medizin begrifflich noch weniger eindeutig besetzt. Heute assoziieren die meisten damit allerdings Formen der Musiktherapie, was für die Wahrnehmung der SMM zunehmend problematisch geworden ist. Auch der grafische Auftritt der Gesellschaft ist mittlerweile in die Jahre gekommen. Die Gesellschaft hat deshalb in Zusammenarbeit mit Marketing-Spezialistinnen der Gesundheitsbranche Name und Erscheinungsbild erneuert. Aus der «Schweizerischen Gesellschaft für Musik-Medizin» wird nun «SwissMedMusica», das Kürzel SMM bleibt damit erhalten.

Mit dem neuen Auftritt will die SMM auch die Akzente ihrer Arbeit etwas verlagern. Bislang waren vor allem individuelle Defizite von Betroffenen – zum Beispiel physiologische, rheumatologische oder psychische Erkrankungen, die in der Musikbranche nach wie vor tabuisiert sind – im Fokus. Zudem hatte sie aus historischen Gründen den Ruf einer stark deutschschweizerisch und vor allem der Klassikbranche nahestehenden Organisation.

Die Beratungsstelle als Angebot für Betroffene bleibt bestehen und wird sogar etwas ausgebaut. Ab Herbst 2023 wird die SMM zudem ein öffentlich zugängliches Verzeichnis von musikermedizinischen Therapieangeboten im Internet aufschalten. Vor allem aber will die SMM künftig die Präventionsangebote ausbauen. Sie möchte, dass die Musikermedizin nicht mehr in erster Linie als «Mittel der letzten Hoffnung» für Schmerzgeplagte oder von Dystonien Betroffenen gesehen wird. Sie soll vielmehr als Chance wahrgenommen werden, dank gutem Körpergefühl und Sorgfalt im Umgang mit Körper und Seele lebenslang gesund auf hohem Niveau musizieren zu können.   

Das kommende 19. Symposium der SMM will dies sichtbar machen. Es findet am 11. November 2023 als zweisprachiger Anlass (mit Simultanübersetzung) in Fribourg statt und wird von Vertreterinnen und Vertretern der West- und der Deutschschweiz gemeinsam gestaltet. Neben dem Verband der Musikschulen der Schweiz (VMS) amten dabei der SMPV und Sonart, der Verband der Freischaffenden der Musikwirtschaft, als Partner.

Ich bin seit 2020 Präsident der SMM, habe aber auch über zehn Jahre das Fach Musikpsychologie unterrichtet – im Bachelor- und Masterstudiengang Musiktherapie der niederösterreichischen Fachhochschule IMC Krems. Es ist mir ein Anliegen, die interdisziplinären Netzwerke im Bereich Musik, Therapie und Gesundheit auch in der Schweiz auszubauen. Interessante neue Zentren zu Gesundheitsthemen in der Musik entstehen zur Zeit an mehreren Schweizer Hochschulen. So fliessen etwa an der HSLU-M (Hochschule Luzern – Musik) Forschungen der Musikermedizin und der Musiktherapie zusammen, und auch am Swiss Center for Affective Sciences der Universität Genf wird zum Thema Musik und Emotion interdisziplinär geforscht. Längst etabliert hat sich das Schweizerische Hochschulzentrum für Musikphysiologie, das mit der Zürcher Hochschule der Künste assoziiert ist. Das Symposium in Fribourg soll nicht zuletzt einen Überblick über alle diese Aktivitäten in der Schweiz ermöglichen.

Wolfgang Böhler

 

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