Berufspolitische Neuigkeiten
Liebe Mitglieder
Ich möchte schon vor der diesjährigen GV einen Einblick in unsere berufspolitischen Interventionen des vergangenen Jahres 2017 geben. Es war ein sehr intensives Jahr, geprägt von der aktuellen berufspolitischen Strömung auf dem Gesundheitsmarkt, die zunehmend auf eine erforderliche eidgenössische Berufsanerkennung auch für MusiktherapeutInnen hinausläuft. Dies führt zu einer Notlage für viele Musiktherapeutinnen und insbesondere auch für alle unsere Mitglieder mit dem Abschluss in Klinischer Musiktherapie MAS ZFH, die einen Grossteil unseres Verbands ausmachen
Zur Erinnerung: In der Schweiz gibt es generell zwei Wege, die zu einer Berufsanerkennung führen:
1. Akademischer Weg: Bachelorabschluss, inhaltlich berufsqualifizierend
Weiterbildungsmöglichkeit mit Masterstudium und späterem Doktoratsstudium
2. Berufsweg: Lehre EFZ
Weiterbildungsmöglichkeit. Höhere Fachprüfung (HFP)
Der Dachverband der Schweizer KunsttherapeutInnen Oda Artecura hat 2011 eine HFP zum Beruf Kunsttherapeut/Kunsttherapeutin ED mit versch. Fachrichtungen aufgebaut, u. a. mit der Fachrichtung Musiktherapie.
· Die private Ausbildung FMWS ist seit Anfang 2017 Modulanbieter für die HFP der OdA Artecura
· Der SFMT entschied sich 2006 gegen eine KSKV/Artecura Mitgliedschaft, da es zu diesem Zeitpunkt bereits einen damals noch eidgenössisch anerkannten Nachdiplomstudiengang für Klinische Musiktherapie MAS gab; eine Ausbildung auf Hochschulebene, analog zum europäischen Umland
Folgende geschichtliche Entwicklung der Musiktherapieausbildung hat zu dieser Entscheidung geführt:
· 1999 reichten der SFMT und die CH Musiktherapie-Schulen-Konferenz bei der SDK (Sanitätsdirektorenkonferenz) ein umfängliches Dossier zur Berufsanerkennung ein, inklusive Prüfungsreglement (vergleichbar mit dem heutigen Beruf Kunsttherapeut ED)
· 2000: Antrag wurde trotz grossem Engagement der damaligen SFMT- und Schulen VertreterInnen von der SDK auf Eis gelegt mit der Begründung der zwei anstehenden Gesetzesänderungen/neuer Gesetze (Gesundheitsgesetz, Hochschulgesetz) und dass man auf die Kunsttherapeuten warte, die damals noch viel weniger weit waren
· Oktober 2002: Aus heutiger Sicht irreführende Beratung des BBT/SBFI, die in eine Sackgasse geführt hat[1]
· 2004: Aufbau eines Nachdiplomstudiengangs an der ZHdK (Zürcher Hochschule der Künste) in Kooperation mit der HfH (Interkantonale Hochschule für Heilpädagogik)
· Der Titel Klinische Musiktherapeutin/Musiktherapeut MAS ZFH war bis zum neuem HFKG[2] (2015) eidgenössisch anerkannt
· 2006: keine Beteiligung an der HFP zum Kunsttherapeuten ED, in der Meinung, MAS Klinische Musiktherapie sei als Berufstitel ED anerkannt
· 2017: ca. 160 von 260 Mtgl. haben im guten Glauben, dass ein MAS die Berufsanerkennung bedeute, einen MAS Abschluss erlangt
Somit verfügen aufgrund der aus heutiger Sicht irreführenden Beratung des BBT/SBFI aktuell 160 unserer 260 Mitglieder zwar über einen qualitativ hochwertigen MAS Abschluss in klinischer Musiktherapie, erhalten jedoch keine Berufsanerkennung dafür. Eine existenzielle Verunsicherung bezüglich Zukunft (Krankenkassenvergütung, Institutionen, usw.) ist die Folge davon.
Ausgangslage:
· Rechtsnachteil für MAS MusiktherapeutInnen gegenüber den KunsttherapeutInnen ED (keine Berufsanerkennung)
· Gravierende Einschränkungen auf dem Berufsmarkt für MT mit MAS-Abschluss (KK, Institutionen, eingeschränkte Lehrtherapietätigkeiten)
· Einseitige Interessensvertretung von ARTECURA auf dem Berufsmarkt
Vorgehen des SFMT:
· April 2017:
Erneutes Schreiben an Visana mit dem Antrag, auch Klinische Musiktherapie MAS über ihre Zusatzversicherung zu vergüten
wurde abgelehnt. Keine Rekursmöglichkeit, da die Zusatzversicherungen dem VVG (privatrechtliches VersicherungsVertragsGesetz)[3] unterstehen
· Mai 2017:
Schreiben ans SBFI: Klärung der Zuständigkeiten in Sachen Gleichwertigkeit MAS- Kunsttherapeut ED, Fachrichtung Musiktherapie
· Juni 2017:
Antrag ans SBFI auf prüfungsfreien Erhalt des Titels Kunsttherapeutin/-therapeut ED Fachrichtung Musiktherapie im Rahmen einer Übergangsregelung für Klinische MusiktherapeutInnen MAS
Antwort SBFI:
Keine Zuständigkeit: Weiterweisung an ARTECURA und Vermittlungsangebot bei Schwierigkeiten
· Juni 2017:
Antrag an Artecura auf prüfungsfreien Erhalt des Titels Kunsttherapeutin/-therapeut ED Fachrichtung Musiktherapie im Rahmen einer Übergangsregelung für Klinische MusiktherapeutInnen MAS
Antrag wurde abgelehnt.
· September 2017:
Anfrage um Vermittlung beim SBFI
· Dezember 2017: 19.12.17
Gespräch beim SBFI in Bern
Fazit aus Gespräch vom 19.12.17, Bern :
· Eine Berufsanerkennung ist auf dem Gesundheitsmarkt längerfristig von Vorteil
· Eine Berufsanerkennung ist aktuell nur über die HFP Kunsttherapie möglich
· Lehrmusiktherapie für Studierende einer modulzertifizierten Ausbildung für die HFP Kunsttherapie ist nur noch möglich, wenn die Lehrtherapeutin Mitglied eines zu Artecura gehörenden Berufsverbands ist
· Die Trägerschaft einer solchen HFP sind in der Regel die betroffenen Berufsverbände.
· Als Mitglied der Prüfungsträgerschaft ist es in einem 2. Schritt (vgl. unten) möglich, Teil der QSK (Qualitätssicherungskommission) zu werden und dadurch inhaltliches Mitspracherecht bzgl. der Prüfungsinhalte zu erhalten.
Die Prüfungsträgerschaft der HFP Kunsttherapie ED ist identisch mit ARTECURA
Eine ARTECURA-Mitgliedschaft ist sinnvoll
· Mitglied der QSK (Qualitätssicherungskommission) von Artecura werden:
Für den Prüfungsinhalt ist die QSK von ARTECURA verantwortlich. Aktuell ohne offizielle Vertretung des SFMT, jedoch mit einer Vertreterin des anthroposophischen Musiktherapieverbandes SVAKT: unbefriedigende Lösung
Nach dieser nun schon längeren intensiven Auseinandersetzung hat sich der SFMT-Vorstand dazu entschieden, an der GV 2018 über eine ARTECURA Mitgliedschaft abstimmen zu lassen. Er hofft auf eine zahlreiche Teilnahme der Mitglieder und empfiehlt der GV aus den genannten Gründen, einer ARTECURA Mitgliedschaft zuzustimmen.
Feldis, 16. Jan. 2018 Ursula Wehrli Rothe, Präsidentin SFMT/ASMT
[1] 4.10.2002: Sitzung im BBT (heutigem SBFI): Thema: Weiteres Vorgehen bzgl. Berufsanerkennung mit Vertreterlnnen des Schweizerischen Fachverbands für Musiktherapie (SFMT), der Europäischen Akademie für Psychosoziale Gesundheit und Integrative Therapie (SEAG), der ErziehungsDirektorenKonferenz (EDK) und SanitätsDirektorenKonferenz (SDK), sowie Gäste: VertreterInnen der KSKV (Konferenz der Schweizer Kunsttherapieverbände)
Maja Rüdisüli nahm an dieser Sitzung teil als Vertreterin des bam Leitungsteams. Ihr wurde dort von Veronica Schaller BBT/SBFI geraten, die bereits aufgenommenen Verhandlungen mit der Hochschule Musik und Theater (HMT) und der Interkantonalen Hochschule für Heilpädagogik (HfH) in Zürich zwecks Gruündung eines Nachdiplomstudienganges weiter zu verfolgen, da dies zeitnah zu einer Bundesanerkennung des Musiktherapieberufes führen könne.
[2] Hochschulförderungs- und - Koordinationsgesetz, HFKG
[3] VVG bedeutet Vertragsfreiheit: die Versicherungen haben das Recht, Antragssteller (Leistungserbringer sowie -nehmer) nach eigenem Ermessen abzuweisen.
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